Länderöffnungsklausel für eine zukunftsfähige Grundsteuer nutzen

Vor über acht Monaten haben der Bundestag und der Bundesrat nach sehr ausgiebigen Beratungen in der Finanzministerkonferenz eine Neuregelung der Grundsteuer beschlossen. Die Neuregelung war aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts im April 2018 notwendig geworden, das die bisherige Berechnung der Grundsteuer bundesweit für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung bis zum 31.12.2019 gefordert hat. Die Bundesländer konnten sich jedoch nicht abschließend auf ein Modell verständigen. Daher hat nun jedes Bundesland die Wahl, das sogenannte „Bundesmodell“ einzuführen oder durch die Nutzung einer Länderöffnungsklausel eine eigenes Grundsteuergesetz auf Landesebene einzuführen.

Inzwischen hat sich ein Großteil der deutschen Bundesländer entsprechend positioniert und entweder die Anwendung des Bundesmodells oder die Entwicklung eines eigenen Verfahrens zur Berechnung der Grundsteuer angekündigt. Die NRW-Landesregierung prüft jedoch seit Monaten ergebnislos, wie die zukünftige Berechnung der Grundsteuer im bevölkerungsreichsten Bundesland gestaltet werden soll. Gleichzeitig drängt bereits die nächste Frist des Bundesverfassungsgerichts: Bis Ende 2024 muss die administrative Umsetzung der Grundsteuerreform abgeschlossen sein. Mit diesem Kommunalinfo wollen wir Euch über den aktuellen Diskussionsstand in NRW und unsere Grüne Initiative für ein Bodenwertmodell informieren.

Grundsteuer: Eine der größten Einnahmequellen für Kommunen
Insbesondere für die 396 Kommunen in NRW ist die Grundsteuerdebatte von großer Bedeutung. Denn die Grundsteuer ist nach wie vor eine der größten Einnahmequellen der Kommunen. In NRW lagen die Einnahmen aus der Grundsteuer B im Jahr 2019 bei rund 3,77 Milliarden. Euro. Über die Festsetzung des Hebesatzes haben die Kommunen darüber hinaus eine der wenigen eigenen Stellschrauben, um ihre Einnahmen selbst beeinflussen zu können. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht unserer Fraktion nicht nachvollziehbar, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung als eines der letzten Länder bundesweit noch keine Perspektive für die Grundsteuer aufgezeigt hat. Daher haben wir den Antrag „Länderöffnungsklausel für eine zukunftsfähige Grundsteuer in NRW nutzen – Bodenwertmodell jetzt umsetzen“ in den Landtag eingebracht und am 26. August erstmalig im Landtagsplenum diskutiert.  

Grüne Landtagsfraktion fordert Bodenwertmodell
Das aus dem beschlossenen Bundesgesetz hervorgehende Bundesmodell zur Grundsteuerberechnung greift als Berechnungsgrundlage auf den Bodenwert, das Alter der Gebäude und pauschalierte Mieteinkünfte zurück. Der Verkehrswert von Grundstücken und den darauf stehenden Gebäuden soll so belastet werden. Wegen der Pauschalierung bei den Gebäudewerten gibt es jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Modell unter anderem vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags.

Bereits im Juni 2018 hat die Grüne Landesdelegiertenkonferenz einen Antrag beschlossen, der ein Modell für die Grundsteuerreform favorisiert: Eine ökologische, gerechte und verfassungskonforme Ausgestaltung der Grundsteuer wird durch das sogenannte Bodenwertmodell ermöglicht. Inzwischen hat das Grün-geführte Bundesland Baden-Württemberg beschlossen, die Länderöffnungsklausel für ein modifiziertes Bodenwertmodell zu nutzen.

Das modifizierte Bodenwertmodell im Überblick:

  • Bei diesem Modell sind nur die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert Grundlage der Grundsteuerberechnung nicht aber das Gebäude auf dem Grundstück.
  • Mit einer Modifizierung sollen gegenüber Gewerbegrundstücken die Wohngrundstücke mit einem Abschlag von 30 Prozent bei der Steuermesszahl bevorzugt werden.

Welche Wirkung hat die Bodenwertsteuer?

  • Da ungenutzte Grundstücke höher belastet werden, können diese eher für eine Nutzung mobilisiert werden und damit wird Innenentwicklung vor Außenentwicklung unterstützt
  • Mit einer geringeren Besteuerung von Wohngrundstücken gegenüber Gewerbe wird Wohnen im Durchschnitt nicht teurer und in angespannten Innenstadtlagen fällt die Belastung von Mehrfamilienhäusern sogar niedriger aus.
  • Im Gegensatz zum Bundesmodell bestehen bislang keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
  • Dieses Modell ist aufgrund der wenigen und leicht zu erhebenden Parameter und der unberücksichtigten Gebäude leicht administrierbar.

Aufgrund dieser Lenkungswirkung wirbt das Bündnis „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, das unter anderem vom NABU, BUND, dem Institut der deutschen Wirtschaft und dem Deutschen Mieterbund unterstützt wird, bereits seit dem Jahr 2012 für ein Bodenwertmodell.

Mit unserem Grünen Antrag „Länderöffnungsklausel für eine zukunftsfähige Grundsteuer in NRW nutzen – Bodenwertmodell jetzt umsetzen“ fordern wir die Landesregierung auf, dieses Modell auch in NRW einzuführen und mit dem Land Baden-Württemberg administrativ zusammenzuarbeiten.

Regierungsfraktionen uneinig – Grüner Antrag wird im Fachausschuss beraten
Die Debatte im Landtagsplenum am 26. August hat deutlich gemacht, dass sich die regierungstragenden Fraktionen in NRW nach wie vor uneinig sind. Während für die CDU-Fraktion die Debatte offenbar noch komplett offen zu sein scheint und Sympathien für das von uns eingebrachte Bodenwertmodell erkennbar wurden, lehnt die FDP-Fraktion sowohl dieses als auch das Modell des Bundes ab. Zustimmung signalisierte die FDP-Fraktion lediglich zur Nutzung der Länderöffnungsklausel. Finanzminister Lutz Lienenkämper schloss die Debatte ebenfalls ohne Festlegung auf ein Modell und mit den Worten „Es wird eine faire, aufkommensneutrale und administrierbare Lösung geben“. Aus unserer Sicht erfüllt das Bodenwertmodell genau diese Kriterien.

Der Grüne Antrag wurde zur Beratung in den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Die anstehenden Debatten werden wir dafür nutzen, im Landtag für das Bodenwertmodell zu streiten.